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IV. Erstreckung des Anwendungsbereichs des Spruchverfahrens auf Anteilsinhaber der ausländischen übertragenden Gesellschaft (§ 122h Abs. 2).

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§ 122h Abs. 2, dem keine Vorgabe der GrenzVR ähnelt, regelt die Anwendbarkeit des
deutschen Spruchverfahrens, wenn die übertragende Gesellschaft nicht dem deutschen Recht,
sondern dem Recht eines anderen Mitgliedsstaates der Europäischen Union unterliegt(212). Diese
Vorschrift ermöglicht den Anteilsinhabern der an der Verschmelzung beteiligten ausländischen
übertragenden Gesellschaft, ein Spruchverfahren vor einem deutschen Gericht einzuleiten, wenn das
Recht, dem diese ausländische Gesellschaft unterliegt, ein Verfahren zur Kontrolle und Änderung des
Umtauschverhältnisses ebenfalls vorsieht und die deutschen Gerichte für die Durchführung dieses
Verfahrens international zuständig sind. Diese Vorschrift soll Doppelarbeit und sich widersprechende
Entscheidungen deutschen und ausländischen Gerichte vermeiden, wenn sowohl von den
Anteilseignern einer deutschen als auch von denjenigen einer ausländischen übertragenden
Gesellschaft die Überprüfung des Umtauschverhältnisses beantragt wird(213), indem das Verfahren in
Deutschland konzentriert wird(214). Der Sinn der Norm ist darauf zurückzuführen, dass das
Umtauschverhältnis in der Praxis nur einheitlich für alle beteiligten Rechtsträger bestimmt werden
kann(215). Wie bei der ersten Fallkonstellation des § 122h Abs. 1 wird der Anwendungsbereich dieser
Vorschrift sehr gering sein, da mit Ausnahme des deutschen Rechts lediglich das österreichische
Umwandlungsrecht ein dem deutschen Spruchverfahren vergleichbares Verfahren vorsieht(216).

1. Sinn des § 122h Abs. 2 : Ein prozessuales Antragsrecht aber kein materiell-rechtlicher Anspruch.

Fraglich ist, insbesondere im Hinblick auf den in § 122h Abs. 2 enthaltenen Verweis auf §
15 (der den Anteilsinhabern sowohl ein prozessuales Antragsrecht als auch einen materiellrechtlichen
Anspruch gewährt), ob der deutsche Gesetzgeber mit dem § 122h Abs. 2 beabsichtigt hat,
den Anteilsinhabern der ausländischen übertragenden Gesellschaft einen materiell-rechtlichen
Anspruch einzuräumen.

Trotz des Verweises auf § 15, gewährt § 122h Abs. 2 den Anteilsinhabern des ausländischen
Rechtsträgers keinen materiell-rechtlichen Anspruch auf bare Zuzahlung(217). Da diese Vorschrift nach
der Gesetzesbegründung den Anteilsinhabern der ausländischen Gesellschaft ermöglichen soll, „ein
Spruchverfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses vor einem deutschen Gericht
ein[zu]leiten“ und in dieser gar nicht die Rede eines etwaigen materiell-rechtlichen Anspruchs
zugunsten dieser Anteilsinhaber ist(218), ist davon auszugehen, dass § 122h Abs. 2 nur ein prozessuales
Recht auf Einleitung eines Spruchverfahrens bei einem deutschen Gericht begründet, wenn
bestimmte Voraussetzungen vorliegen(219). Dies wird dadurch bestätigt, dass die Gesetzesbegründung
ausdrücklich § 6 Abs. 4 S. 2 SE-AG als Vorbild nimmt, der selbst auf eine reine verfahrensrechtliche
Vorschrift verweist, nämlich § 6 Abs. 4 SE-AG(220).

Für eine solche Auslegung der Vorschrift spricht auch, dass der Anspruch auf bare
Zuzahlung gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 voraussetzt, dass die Möglichkeit der Anfechtungsklage auf der
Grundlage des § 14 Abs. 2 ausgeschlossen ist. Zur Begründung eines materiell-rechtlichen
Anspruchs auf bare Zuzahlung zugunsten der Anteilsinhaber der ausländischen übertragenden
Gesellschaft wäre somit einen Verweis auf die letztgenannte Vorschrift erforderlich gewesen(221).

Außerdem stehen der Gewährung eines materiell-rechtlichen Anspruchs zugunsten der
Anteilsinhaber des ausländischen übertragenden Rechtsträgers kompetenzrechtliche Bedenken
entgegen : Art. 4 Abs. 2 S. 2 GrenzVR ermächtigt nämlich die Mitgliedsstaaten nur zum Erlass von
Vorschriften zum Schutz von Minderheitsgesellschaftern, die einer Gesellschaft angehören, die dem
Recht des jeweiligen Mitgliedsstaates unterliegt. Schließlich wird die Existenz eines materiellrechtlichen
Anspruchs nach ausländischem Recht von § 122h Abs. 2 implizit mit dem Erfordernis
vorausgesetzt, dass das ausländische Gesellschaftsstatut ein dem Spruchverfahren vergleichbares
Verfahren kennt(222).

Folglich stellt § 122h Abs. 2 lediglich eine verfahrensrechtliche Regelung dar. Der etwaige
Anspruch der Minderheitsgesellschafter des ausländischen übertragenden Rechtsträgers ergibt sich
vielmehr aus dem ausländischen Gesellschaftsstatut, das ein Spruchverfahren kennt(223).

2. Voraussetzungen des Antragsrechts gem. § 122h Abs. 2.

Aus dem Wortlaut des § 122h Abs. 2 ergibt sich zunächst, dass nur die Anteilsinhaber einer
ausländischen übertragenden Gesellschaft als Antragsberechtigte in Betracht kommen.
Dem Sinn der Norm ist dann im Wege der teleologischen Reduktion zu entnehmen, dass die
Vorschrift nur anwendbar ist, wenn an der grenzüberschreitenden Verschmelzung mindestens eine
deutsche übertragende Gesellschaft beteiligt ist. Nur dann kann der Zweck der Vorschrift(224)
möglicherweise erreicht werden, da die Anteilsinhaber einer deutschen Gesellschaft lediglich in
dieser Fallkonstellation zur Einführung eines Spruchverfahrens vor den deutschen Gerichten
berechtigt sind. Ist dies hingegen nicht der Fall, besteht keine Gefahr, dass zwei sich
widersprechende Entscheidungen zustande kommen(225).

Ausdrückliche Voraussetzung des § 122 Abs. 2 ist, dass die Rechtsordnung der ausländischen
übertragenden Gesellschaft ein Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses
vorsieht. Wie oben schon erwähnt, ist dies gegenwärtig nur im Österreich der Fall.

Letztlich wird vom § 122 Abs. 2 vorausgesetzt, dass die internationale Zuständigkeit der
deutschen Gerichte für die Durchführung des Spruchverfahrens gegeben ist. Diese internationale
Zuständigkeit kann sich entweder aus einer Gerichtsstandsvereinbarung(226), oder aus dem Art. 2 Abs.
1 i.V.m. Art. 60 Abs. 1 EuGVVO(227) ergeben, wenn die übernehmende Gesellschaft ihren Sitz in
Deutschland hat(228), was praktisch bei der Hineinverschmelzung einer österreichischen auf eine
deutsche Gesellschaft immer der Fall sein wird(229).

Liegen diese sämtlichen Voraussetzungen vor, steht den Anteilsinhabern der ausländischen
übertragenden Gesellschaft ein prozessuales Recht zur Einleitung eines Spruchverfahrens vor dem
zuständigen deutschen Gericht zu. Liegen sie hingegen nicht vor, sind die Anteilsinhaber des
ausländischen Rechtsträgers auf die Schutzvorschriften der Rechtsordnung, deren ihre Gesellschaft
unterliegt, verwiesen(230).

212 Klein, RNotZ, 565 (599).
213 Begr. RegE, BR-Drucks 548/06, S. 34 ; BT-Drucks. 16/2919, S. 16 ; Müller, DK 2007, 81 (84).
214 Bayer in : Lutter, UmwG, § 122h Rn. 26.
215 Leuering in : Simon, SpruchG, §§ §6a-6c Rn. 4.
216 Siehe § 225 c öAktG.
217 Frenzel, S. 319 ; Bayer in : Lutter, UmwG, § 122h Rn. 27 ; Bezüglich der vergleichbare Regelung des § 122i Abs. 2 S.
2 UmwG : Müller, DK 2007, 81 (88).
218 BegrReg, BT-Drucks. 16/2919, S. 36.
219 Bayer in : Lutter, UmwG, § 122h Rn. 27 ; Frenzel, S. 320.
220 Frenzel, S. 319 ; § 6 Abs. 4 SE-AG lautet : (1) Macht ein Aktionär einer übertragenden Gesellschaft unter den
Voraussetzungen des Artikels 25 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung geltend, dass das Umtauschverhältnis der Anteile nicht
angemessen sei, so hat auf seinen Antrag das Gericht nach dem Spruchverfahrensgesetz vom 12. Juni 2003 (BGBl. I
S. 838) eine angemessene bare Zuzahlung zu bestimmen. (2) Satz 1 findet auch auf Aktionäre einer übertragenden
Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des
Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung, sofern nach dem Recht dieses Staates ein Verfahren
zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses der Aktien vorgesehen ist und deutsche Gerichte für die
Durchführung eines solchen Verfahrens international zuständig sind.
221 Frenzel, S. 319.
222 Bayer in : Lutter, UmwG, § 122h Rn. 27.
223 Klein, RNotZ, 565 (599).
224 d.h. die Konzentration des gesamten Spruchverfahrens in Deutschland und die Vermeidung von sich
widersprechenden Entscheidungen zwischen den deutschen und den ausländischen Gerichten
225 Bayer in : Lutter, UmwG, § 122h Rn. 31.
226 BegrRegE zu § 122h, BT-Drucks. 16/2919, S. 16.
227 Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die
Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. EG L 12 vom 16.1.2001.
228 Drinhausen in : Semler/Stengel, UmwG, § 122h Rn. 10 ; Müller, DK 2007, 81 (85) ; Simon/Rubner, DK 2006, 835
(841) ; Neye/Timm, DB 2006, 488 (492).
229 Für eine ausführliche Besprechung der Frage der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Rahmen
eines Spruchverfahrens, siehe unten.
230 Kulenkamp, S. 349 ; Müller, DK 2007, 81 (85).

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