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I. Die Stellung der Minderheitsgesellschafter und deren Schutzbedürfnis bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung.

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1. Ausgangssituation.

Durch die grenzüberschreitende Verschmelzung werden die Anteilsinhaber der durch die
Verschmelzung aufgelösten Gesellschaft Anteilsinhaber des übernehmenden oder neu gegründeten
Rechtsträgers. Diese Regelung entspricht dem Art. 14 Abs. 1 lit. b GrenzVR sowie dem § 20 Abs. 1
Nr. 2 (auf den § 122a Abs. 2 verweist). Dies stellt eine erhebliche Veränderung der Rechtsstellung
aller Anteilsinhaber dar, zu deren Zustimmung eine qualifizierte Mehrheit von drei Vierteln genügt
(§§ 122a Abs. 2 i.V.m. 65 Abs. 1 S. 1). Da die Minderheitsgesellschafter die Verschmelzung
hinnehmen müssen(122), erscheint es von entscheidender Bedeutung, diese bei der Durchführung der
grenzüberschreitenden Verschmelzung zu schützen.

Ein solcher Schutz erfolgt in dreifacher Hinsicht : Erstens wird er durch Informationsrechte der
Anteilsinhaber bei den verschiedenen Schritten des Verschmelzungsvorgangs gewährleistet.
Zweitens wird eine gewisse Mitwirkung jedes Anteilsinhabers am Verschmelzungsverfahren durch
die Zustimmung der Anteilsinhaberversammlung zum gemeinsamen Verschmelzungsplan gemäß §§
122g, 122a Abs. 2 i.V.m. 13, 65 gewährleistet. Schließlich erscheint ein Schutz der
Vermögensinteressen der Minderheitsgesellschafter aus verschiedenen Gründen notwendig.

2. Schutzbedürfnis der Anteilsinhaber auf der vermögensrechtlichen Ebene.

Die hauptsächliche Gefahr der Verschmelzung für die Anteilsinhaber sowohl des
übertragenden als auch des aufnehmenden Rechtsträgers besteht in der potentiellen
Kapitalverwässerung, die die Verschmelzung für sie bedeuten kann(123). Diese mögliche Wirkung
greift nämlich in die Gesellschafterposition ein, die gemäß Art. 14 GG unter verfassungsrechtlichem
Eigentumsschutz steht(124). Da die Anteilsinhaber der übertragenden aufgelösten Gesellschaft durch
Gewährung von Anteilen bzw. Aktien an der übernehmenden oder neu gegründete Gesellschaft
abgefunden werden, ist von entscheidender Bedeutung, dass ihre neuen Anteile den von ihnen zuvor
gehaltenen Anteilen an der übertragenden Gesellschaft dem Wert nach entsprechen(125). Die
Verschmelzung greift auch in die Rechtsstellung der Anteilsinhaber der aufnehmenden Gesellschaft
in den Fällen ein, in denen den neuen Anteilsinhabern zu viele Anteile aufgrund einer
Überbewertung der übertragenden Gesellschaft oder einer Unterbewertung des aufnehmenden
Rechtsträgers gewährt werden(126), was zu einer Minderung ihrer Kapitalbeteiligung, und somit ihrer
Vermögensrechte (Anspruch auf den Gewinn und auf das Auseinandersetzungsguthaben) sowie ihrer
Stimmrechte führt(127). Aus allen diesen Gründen erscheint ein angemessener Schutz der
Vermögensinteressen der Anteilsinhaber unerlässlich. Die GrenzVR trägt diesem Umstand
Rechnung.

3. Die Vorschriften der Richtlinie 2005/56/EG zum Minderheitenschutz.

a) Art. 4 Abs. 2 S. 2 GrenzVR.

Gemäß Art. 4 Abs. 2 S. 2 GrenzVR werden die Mitgliedsstaaten, deren Recht die an einer
grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaften unterliegt, ermächtigt, Vorschriften
zu erlassen, „um einen angemessenen Schutz der Minderheitsgesellschafter, die die
grenzüberschreitende Verschmelzung abgelehnt haben, zu gewährleisten“. Nicht erfordert wird, dass
der Anteilsinhaber in der Hauptversammlung gegen den Verschmelzungsplan gestimmt hat, sondern
nur, dass er mit dem angebotenen Umtauschverhältnis nicht einverstanden ist(128). Auf der Grundlage
dieser Vorschrift hat der deutsche Gesetzgeber § 122i Abs. 1 erlassen(129), der den §§ 29 UmwG und 7
SE-AG entspricht. Diese Regelung gewährt jedem Anteilsinhaber der deutschen übertragenden
Gesellschaft, der gegen den Verschmelzungsbeschluss dieser Gesellschaft Widerspruch zu
Niederschrift erklärt hat, ein Austrittsrecht gegen eine angemessene Barabfindung. § 122i Abs. 2
betrifft die Überprüfung dieser Abfindung im Spruchverfahren und ähnelt der Regelung des § 122h
Abs. 1. Da diese Vorschrift nicht direkt die Überprüfung des Umtauschverhältnisses als solches
betrifft, werden wir ihre Voraussetzungen und Rechtsfolgen im Rahmen dieser Arbeit nicht vertiefen.

b) Art. 10 Abs. 3 S. 1 GrenzVR.

Obwohl das europäische Gesellschaftsrecht stark auf die Richtigkeitsgewähr der
Verhandlungen zur Bestimmung des Umtauschverhältnisses abstellt und aus diesem Grund
gegenüber einer unmittelbar auf die Angemessenheit des Umtauchverhältnisses gerichteten
gerichtlichen Kontrolle sehr zurückhaltend ist(130), wurde das in den deutschen und österreichischen
Rechten vorgesehene, zum Schutz der Minderheitsgesellschaft wesentliche Spruchverfahren(131) von
dem europäischen Gesetzgeber in dem Art. 10 Abs. 3 S. 1 GrenzVR ausdrücklich berücksichtigt.

122 Lutter/Bezzenberger, AG 2000, 433 (435).
123 Raiser/Veil, § 46 Rn. 36.
124 BVerfGE14 (1963), 263 (Grundsatz der „vollen Entschädigung“ für den Verlust einer Rechtsposition (hier für den
Verlust der Aktien im Wege der Verschmelzung).
125 Kulenkamp, S. 331.
126 Raiser/Veil, § 46 Rn. 36.
127 Kulenkamp, S. 331.
128 Bayer/Schmidt, NJW 2006, 401 (405).
129 BegrRegE zu § 122i Abs. 1 UmwG, BT-Drucks. 16/2919, S. 16.
130 Adolff, ZHR 173 (2009), 67 (99).
131 In der Richtlinie „Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses der Aktien oder sonstigen
Anteile“ genannt.

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